Gletscherzunge Nigardsbreen

 

An diesem Morgen begleitete uns der Regen schon während des Aufstehens und des Frühstücks, ließ aber bereits etwas nach, als wir uns gegen 9.30 Uhr in Bewegung setzten. Unser erstes Ziel heute sollte die Gletscherzunge Nigardsbreen des Jostedals-Gletschers sein. Gemäß GPS sollte die Anfahrt dorthin von der Hauptstraße aus nur etwa 6 Kilometer betragen, entwickelte sich aber tatsächlich locker zu knapp 30 Kilometern. Hoffentlich würde sich der Anblick wenigstens lohnen...

Und wie er sich lohnte. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und die nun scheinende Sonne die Straßen großflächig abgetrocknet. Und selbst wenn der Anblick des Gletschers keine Augenweide gewesen wäre, so hätte doch zumindest die wunderschöne Strecke dorthin für alles entschädigt. Und dann erreichten wir dieses Naturschauspiel. Blau schimmernd und gewaltig schob sich diese riesige Gletscherzunge zwischen den Bergen hindurch. Gewaltig, eindrucksvoll, Millionen von Jahren alt...Wer mag wirklich erahnen, was sich alles unter dieser Masse aus ewigem Eis befinden würde...

Nigardsbreen Größenvergleich
Nigardsbreen - Größenvergleich mit Wanderer

Nigardsbreen aus der Ferne
Nigardsbreen aus der Ferne

Der Sognefjellvegen - ein absolutes Highlight

Dann kam das eigentliche Fahr-Highlight unseres heutigen Tages...die etwa 100 Kilometer lange Strecke des Sognefjellvegen bis nach Lom. Landschaftlich als besonders schön auf den Landkarten gekennzeichnet. Manchmal sagen Bilder einfach mehr als Tausend Worte...

Sognefjellvegen
Sognefjellvegen

In Lom erwartete uns die nächste Stabkirche und unser nächstes Picknick. Auf dem Parkplatz vor der Kirche machten wir uns an einem Tisch mit zwei Bänken breit. Keiner nahm irgendwie Notiz von uns...bis zu dem Augenblick, als ein Bus mit Touris aus Japan anhielt. Das schien für sie die absolute Sensation zu sein. Emsiges Geschnatter zusammen mit fleißig geschossenen Fotos begleitete uns bei unserem Imbiss. Sogar, als sie wieder in den Bus stiegen und ihre Plätze einnahmen, wurden immer noch zahlreiche Aufnahmen von uns gemacht.

in Lom
Pause in Lom

Nach unserer kleinen Stärkung besichtigten wir die Kirche (allerdings nicht von innen) und kauften noch schnell einen Elch im Souvenirshop, der nun fortan Axels Cockpit schmückt. Von Lom ging es dann weiter über eintöniger werdende Strecken auf einem Hochplateau gen Westen. Je höher wir kamen, desto kühler und feuchter wurde es. Irgendwo auf einem Parkplatz auf der E15 hielt Axel an, damit wir uns wärmere Klamotten anziehenden konnten. Teilweise hatten wir hier oben nur noch 8°. Mich schauderte, hoffte aber jeden Moment, dass wir wieder abwärts fahren würden und in wärmeres Gebiet kommen würden. Weit gefehlt...

Geheimtipp: Gamle Strynefjellsvegen

Aus den Augenwinkel heraus entdeckte Axel eine Gruppe Biker, die die Hauptstraße kurz vor diesem Parkplatz verließ, um weiter über eine Straße zu fahren, die sich "Gamle Strynefjellsvegen" nannte. Kurze Frage an alle: "Wollen wir auch?" Freudiges Nicken von Michas Seite, Achselzucken von meiner Seite. Also, gut, dann hinterher. Alles, was jetzt noch kommen konnte, musste auf jeden Fall spannender sein, als diese breite ausgebaute eintönige mit 90 Km/h zu befahrende Straße. Und wie spannend es war...

Bereits nach dem ersten Kilometer baumelten meine Füße kurz über dem Boden und meine Geschwindigkeit sank weit unter 50 Km/h. Die Landschaft war hier zwar eindrucksvoll und toll, jedoch bekam ich irgendwann davon nichts mehr mit. Ich konzentrierte mich nur noch auf den vor mir liegenden Schotter und darauf, nicht in den Seitengraben zu rutschen. Trotz 8° Außentemperatur war mir höllisch warm. Die Männer waren schon lange nicht mehr zu sehen. Irgendwie fehlte mir der Spaß und ich überlegte kurz, ob ich umdrehen sollte. Die Adresse der JuHe hatte ich ja...ich würde dann Axel eine SMS schreiben und ganz entspannt über "normale" Straßen weiterfahren. Doch irgendetwas in mir weigerte sich, jetzt diesem Schweinehund nachzugeben und so kroch ich weiter im Schneckentempo über Geröll, Schlaglöcher und Wasserpfützen.

Gamle Strynefjellsvegen
Gamle Strynefjellsvegen

Nach etlichen Kilometern fiel den Männern dann wohl auf, dass ich fehlte, denn sie warteten artig am Straßenrand. Ich hatte mit Sicherheit den Hass-Blick, und das merkte Axel. Und nur durch Gutzureden meisterte ich dann auch noch die letzten Kilometer...nebenbei erwähnt: die Schotterpiste war ca. 27 Km lang. Da war auf jeden Fall zu einem späteren Zeitpunkt ein Einzelgespräch mit Axel fällig...

Beim Schreiben dieses Berichtes und rekonstruieren der gefahrenen Strecke erkannte ich, dass der "Gamle Strynefjellsvegen" sogar als landschaftlich schöne Strecke auf den Karten ausgewiesen war. Schade nur, dass ich davon nichts mitbekommen habe. ;-)

Gamle Strynefjellsvegen
landschaftlich schöne Strecke

Als wir den "Gamle Strynefjellsvegen" endlich bezwungen hatten, mussten wir natürlich irgendwie wieder auf unsere ursprüngliche Route zurückkommen. Kein Problem...dank Navi. Allerdings nahmen wir nun auf den kommenden 30 Kilometern so ziemlich alle Tunnel mit, die irgendwie hier in der Nähe des Geirangerfjord zu finden waren. Es war erstaunlich...aber die Crash-Kurse der letzten Tage zeigten ihre Wirkung und meine Panik hielt sich tatsächlich beim Durchfahren in erträglichen Grenzen.

Der atemberaubende Geirangerfjord

Schade nur, dass jetzt das Wetter gänzlich umschlug und uns dicken Dauerregen um die Ohren haute. Der Blick war durch hohe Luftfeuchtigkeit und aufwirbelndes Wasser vorherfahrender Autos absolut beeinträchtigt. So schoben wir mehr als wir fuhren. Dann aber überqueren wir eine Art Kuppe und hatten frontal den einzigartigen Blick auf den Geirangerfjord. Blauschimmernd mit grün gesäumter Natur... so lag er vor uns. Trotz Schmuddelwetters liefen mir Schauer über den Rücken...nicht vor Kälte oder Nässe, sondern geprägt durch das Gesehene. Einfach nur toll....

Geirangerfjord
Geirangerfjord

Wir erreichen die Stadt Geiranger mit fast dem letzten Tropfen Sprit in Michas Tank. Hier gab es laut GPS keine Tanke und die nächste war 6 Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Fjords. Gut, dann mussten wir eben mit der Fähre rüber. Ein Blick auf die Tafel mit den Abfahrtszeiten ließ uns aber erkennen, dass jetzt um 18.30 Uhr die letzte Fähre gerade abgelegt hatte. Na toll...dann mussten wir halt hier übernachten. Das eigentliche Ziel (die JuHe) hätten wir auch nur mit der Fähre erreicht, so blieb dann nur der nahe gelegene Campingplatz in der Hoffnung, eine der begehrten Hütten zu bekommen.

Kurze Nachfrage wegen einer Hütte beim 'Chef de Platz' und....Kopfschütteln. Na toll. Es goss immer noch wie aus Eimern und auf Zelten hatte ich NULL Bock. Und als sich herausstellte, dass die hier nicht mal einen Aufenthaltsraum hatten, hatte ich nuller als Nullbock hier unser Zelt aufzubauen. Dank weiterer Konversation erfuhren wir dann aber, dass sich im Ort doch eine Tanke befinden sollte. Nach kurzer Beschreibung machten wir uns auf den Weg und fanden sie auch. Es waren einfach nur 2 Zapfsäulen, die mitten vor einem Souvenirladen standen. Also-so-was...(kopfschüttel)...die hatten wir vorher wirklich nicht gesehen, obwohl wir da bestimmt 2x dran vorbei gefahren sind. Erleichterung machte sich breit. Wenigstens konnten wir jetzt tanken und unsere Fahrt auf der Suche nach einer Hütte für die Nacht fortsetzen. Erwähnenswert wäre vielleicht noch die defekte und undichte Zapfsäule, die beim Betanken mehr Benzin über Tankrucksack und Mopped versprühte, als in den Tank füllte. Nun gut, dafür gab es ja auch ein Warnschild "Attention - leaking". Trotzdem unfassbar...wir standen nach dem Tanken in einer riesigen Benzinlache. Bei uns würde so etwas sofort stillgelegt werden. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, legte der Regen dann hier noch einmal ordentlich zu.

Ein Schnaps für die Trolle

Bei 12° und Dauerregen setzten wir unsere Fahrt vom Geirangerfjord weg über die Adlerstraße (Ørnevegen) fort. Bei Sonnenschein und trockener Straße wäre dieser sicherlich ein Traum gewesen. Bei Dauerregen und Kälte waren wir einfach nur froh, dass wir heil oben ankamen. Nach weiteren 10 Kilometern erspähten wir einen Campingplatz. Kurze Frage nach einer Hütte....Kopfschütteln und weiter. Und weitere 10 Kilometer später fanden wir ein Schild mit dem Hinweis "lediger Hytter". Endlich...hier musste also etwas frei sein. Wir checkten ein, waren angenehm von dem Standard überrascht und richteten uns ein. Wir hatten einen Vorraum für unsere nassen Klamotten und Tankrucksäcke, die nach Sprit stanken, hatten einen schönen Aufenthaltsraum mit Küchenzeile, einen Schlafraum für 4 Personen und Dusche und WC. Was will Mann/Frau mehr. Der Preis in Höhe von umgerechnet 55,- € war aus unserer Sicht völlig ok. Wir waren zufrieden und ließen den Abend in lockerer Stimmung und vor allem im Warmen und Trockenen bei lecker Nudeln und einem kleinen Absacker ausklingen. Als Gabe für die Trolle durfte natürlich auch hier der bereitgestellte Schnaps nicht fehlen. Wir stellten einen kleinen "Feigling" außen auf die Terrasse und hofften, dass unserer kleines Opfer auch angenommen wurde. ;-)

Camping Eidsdal
Hütte in Eidsdal

Heute gefahrene Kilometer von Søgndal nach Eidsdal: 365 KM

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