Willkommen in Russland

 

Au weia....8.00 Uhr und irgendwie befand sich mein Kopf und mein Körper noch nicht im Einklang. Egal, also Aufstehen, Frühstücken, Klamottenpacken. The same procedure as every morning...

Anschließend fuhren wir noch einmal in die Stadt, um unsere nun fast leere (Not-)Verpflegungstasche aufzufüllen. Nach dem Einkauf ging es nun weiter zur russischen Grenze. Wir lagen gut in der Zeit und hofften, dass wir dort nicht allzu lange aufgehalten wurden.

Thomas Mann Ausstellung in Nidden
Thomas Mann Ausstellung in Nidden

An der ersten Schranke mussten wir warten....warum, weiß ich allerdings nicht. Vor uns war niemand und es gab aus meiner Sicht keinen Grund für den Halt. Nun denn, also erst einmal Motor ausschalten und warten, und warten, und warten. Dann ging die Schranke hoch und wir durften bis zum nächsten Halt weiterfahren. Jetzt befanden wir uns vor einem Kabuff, in dem jemand saß, der wortlos von uns nacheinander irgendwelche Dokumente haben wollte. Da keiner von uns wusste, was genau benötigt wurde, reichte jeder von uns das ganze Pamphlet durchs Fenster, inkl. Einladung, Grenzbescheinigung, Reisepass etc.. Wir sahen nichts, hörten aber hin und wieder irgendwelches Abstempeln von Papieren. Nach ca. 15 Minuten bekam der erste seine Papiere zurück, zusammen mit einem Immigrationszettel. Dann kam der nächste von uns dran....

Russische Grenze in Sicht
Russische Grenze in Sicht

Nachdem wir alle unsere Papiere zurück hatten, ging es zum nächsten Häuschen. Hier mussten wir nun eine Zollerklärung in doppelter Ausführung ausfüllen, damit wir unser Fahrzeug bei der Ausreise auch wieder zollfrei ausführen konnten. Aha, alles klar. Also, her mit dem Zettel (der zum Glück in deutsch war) und schnell ausgefüllt. Beim Abgeben an den russischen Beamten hörte ich dann russische Worte, die genervt und nicht gerade freundlich klangen. Dann schob er mir den Zettel wieder zurück, dieses Mal aber gespickt mit Kreuzen und durchgestrichenen Einträgen und Pfeilen...Ups. Scheinbar hatte ich wohl irgendwas falsch ausgefüllt. Und für den zweiten Versuch bekam ich nun noch einmal einen Satz neuer Zettel, dieses Mal in russisch. Axel, Micha und Folker erging es nicht anders. Letztendlich suchten wir auf unseren Zetteln nach gemeinsamen Nennern, die wir auch fanden und nun erneut unsere Zettel ausfüllten. Und wieder folgte das hoffnungsvolle Durchreichen der Formulare und wieder kam ein paar Minuten später der Zettel erneut durch den Wurfschlitz zurück. Dieses Mal hatten wir als einzigen Fehler noch das Datum verkehrt angegeben. Wir hatten 09.07.2011 geschrieben anstatt 09. Juli 2011. Ok...also alles noch mal neu. Nach über 2 Stunden passte dann aber alles, wir bekamen jeder die Zollerklärung und durften nun die Grenze nach Russland passieren. Puh...was für ein Akt.

endlich geht´s weiter
endlich geht´s weiter

Meine Gefühle waren gemischt. Einerseits freute ich mich, endlich einmal das Dorf, in dem mein Vater 1922 geboren wurde, besuchen zu können, andererseits war ich nach der 2-stündigen Prozedur bereits satt. Wie dem auch sei... zunächst freuten wir uns erst einmal auf den Rest der Kurischen Nehrung und auf Kaliningrad. Die Straßen ab der Grenze waren die Härte. Wenn ich vorher von "Straßen, die zu wünschen übrig ließen" sprach, tat sich hier teilweise das pure Grauen auf.

Schotterpiste Kurische Nehrung
mautpflichtige Schotterpiste Kurische Nehrung

Kurz vor Kaliningrad änderte sich glücklicherweise die Situation. Wir erreichten die Stadt nach einer kleinen Pause und neu gebauter Umgehungsstraße gegen 15.30 Uhr. Der Verkehr in der Stadt war unglaublich. Es schienen keine Regeln oder sonstige "stille Abkommen" zu geben. Jeder fuhr, wie er wollte. Die Straßenbahn hielt mitten auf einer 4-spurigen Straßen und spuckte ihre Fahrgäste aus, ohne Haltestelle. Ein kleines Stückchen weiter legte ein einsamer Fußgänger, der einen Zebrastreifen überquerte und weder nach links noch nach rechts schaute, eine 6-spurige Straße in der City lahm. Wir wuselten durch Kaliningrad und versuchten, uns nicht zu verlieren oder irgendjemanden zu überfahren. Auf einem Parkplatz machten wir schließlich Halt und schossen ein paar Fotos vom Marktplatz und der Christ-Erlöser-Kathedrale.

Christ-Erlöser-Kathedrale
Christ-Erlöser-Kathedrale

Obwohl wir gerne noch den Königsberger Dom gesehen hätten, entschlossen wir uns so schnell wie es ging, 'Chaos-City' zu verlassen, weil wir auch schon deutlich hinter unserem Zeitplan lagen. Wir hatten noch ca. 100 KM bis Sovetsk, unserem nächsten Stopp. Also, direkte Route nach Sovetsk ins Navi eingegeben, und los.

Nachdem wir Kaliningrad verlassen hatten, ließ auch der Verkehr spürbar nach, bzw. hörte fast ganz auf. Wir fuhren kilometerlang durch schönste Gegenden, ohne dass uns irgendjemand entgegenkam. In den kleinen Dörfern, die wir durchfuhren, saßen alte Leute am Wegesrand und unterhielten sich. Und es schien sie nicht ansatzweise zu interessieren, dass wir mit 4 Motorrädern vorbeifuhren. Sie schauten nicht einmal hoch. Auch eine Herde Kühe, die die Straße blockierte, schien wenig beeindruckt von uns. Nur ein paar wenige Störche schauten neugierig zu uns herab. War alles irgendwie seltsam, aber doch idyllisch.

Störche satt
Störche satt

Kurz vor Sovetsk mussten wir tanken...und waren ziemlich erfreut über den Spritpreis. 40 Rubel, also umgerechnet ca. 70 Cent kostete hier der Liter Sprit. Da machte das Tanken doch wieder Spaß. Um kurz vor 18.00 Uhr erreichten wir dann unser Hotel in Sovetsk und waren angenehm vom Äußeren überrascht. Beim Einchecken empfing man uns sogar in englischer Sprache. Beim Abstellen der Moppeds auf dem bewachten Hinterhof sah man dann allerdings, dass das Hotel scheinbar irgendwann nur einen Schönheitsanstrich bekommen hatte.

Hotel Rossia in Sovetsk
Hotel Rossiya in Sovetsk

Jetzt schnell duschen und einen Happen essen. Und mit dem Betreten des Restaurants befanden wir uns auch sogleich auf einer russischen Hochzeitsfeier. Es gab lediglich im vorderen Bereich des Restaurants noch 3 Tische, an denen gespeist werden konnte. Zudem war es höllisch laut und die Wodkagläser flogen tief, aber das war uns egal. Hauptsache, erst einmal was essen. Die Preise der Speisen waren sensationell und wir gönnten uns das volle Programm. Da gab es als Vorspeise Kaviar und Hirtensalat, als Hauptgericht Lachs an Krabbenschaum oder ein mächtiges Rumpsteak. Kein Gericht kostete über 10,- €. Sagenhaft...und dazu schmeckte es auch noch.

Essen im Hotel
Kutte und Kaviar  /  Lachs mit Krabben

Nach dem Essen machten wir noch einen kleinen Zug durch die Stadt. Die Innenstadt war für Autos gesperrt, dafür waren aber jede Menge junger Leute unterwegs. Aus vielen Bars und Restaurants dröhnte laute Musik. Je später es wurde, desto mehr Leute tummelten sich auf den Straßen. Und obwohl es Samstag war, hatten hier die Geschäfte bis Mitternacht geöffnet. Wir deckten uns noch ein wenig mit Erdnüssen, Gurken, Käse und Salami (die Notration) ein und zogen wieder langsam Richtung Hotel. Unser erster Tag in Russland war für uns alle schon ziemlich spannend und aufregend gewesen. Dass dies noch steigerungsfähig war, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, als wir müde und wohlig erschöpft ins Bett fielen.

Heute gefahren von Nidden nach Sovetsk: 206 KM

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